Mit häufigen Gesetzesänderungen und laufend neuen Urteilen ist das Steuerrecht eines der dynamischsten Rechtsgebiete in Deutschland, das fast jeden von uns unmittelbar betrifft. Auch in dieser Ausgabe ist deshalb sicherlich auch für Sie etwas dabei.
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Inhalt
Alle Steuerzahler
- Wie kann der „Rucksack“ einer Erbengemeinschaft vermieden werden?
- Steuerermäßigung nach § 35a EStG: Bis wohin reicht der Haushalt?
- Exkurs: Kirchenaustritt und fälschliche Angaben in der ESt-Erklärung
- Verlustabzug nach § 10d Abs. 2 EStG ist vorrangig vor dem Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen
- 6 % p. a. Zinsen für Steuern ab 2014 verfassungswidrig
- Absetzbarkeit der Kosten eines Hausnotrufsystems als haushaltsnahe Dienstleistung
Hauseigentümer
- Verlagern Sie Spekulationsgeschäfte mit hohen Gewinnen auf Ihre Kinder mit niedrigen Steuersätzen!
- Schuldzinsen für ein Mietobjekt: Surrogation über klare Regelungen
- Eine spannende Revision zur Frage eines Vorbehaltsnießbrauch am Surrogat
- Kreative Gestaltung zur Schaffung von Abschreibungsvolumen für Gebäude im Privatvermögen
- Gewinnerteilungsabreden bei privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG
- Jede Grundstücks-GbR sollte einen Gesellschaftsvertrag haben!
- Steuerfreie Veräußerung von Immobilien – Übersicht anhängiger Verfahren zu § 23 EStG
- BFH I X R 20/21 – Ist die Veräußerung einer gelegentlich vermieteten, aber ansonsten selbstgenutzten Wohnimmobilie steuerfrei?
- BFH IX R 22/21 – Ist der Verkauf eines Mobilheims (Tiny House) steuerfrei?/a>
- Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubauten: Bauantrag bis zum 31.12.2021 erforderlich/a>
Gewerbetreibende
Arbeitgeber
- Auslandsreisekosten 2021 gelten auch 2022 weiter
- Neu: Elektronische Abgabe von (weiteren) Lohnsteuervordrucken ab Oktober 2021 möglich!
Arbeitnehmer
- Erste Tätigkeitsstätte: Rolle rückwärts des BFH
- Häusliches Arbeitszimmer und § 23 EStG
- Bonuszahlungen der Krankenkasse
Erwerber von Schenkungen / Erbschaften
- Stundung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei Übertragung privaten Grundbesitzes
- Steuerbefreiung für Familienheime: Wie viel Garten gehört dazu?
Umsatzsteuerzahler
Sonstiges
- Fälligkeitstermine für Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung von November 2021 bis Januar 2022
- Haftungsausschluss/Quelle
Alle Steuerzahler
Wie kann der „Rucksack“ einer Erbengemeinschaft vermieden werden?
Der „Normalfall“ eines Testaments und dessen Folgen
Der Vater verstirbt.
- Erben sind ein Sohn und eine Tochter.
- Im Testament hat der Vater bestimmt: Der Sohn bekommt sieben
- Häuser, die Tochter bekommt drei Häuser.
- Die Tochter möchte das Testament anfechten.
- Sohn und Tochter einigen sich darauf, dass der Sohn seiner Schwester 1 Mio. € zahlt.
- Was möchte der Sohn?
- Der Sohn möchte die Zahlung von 1 Mio. € einer bestimmten Immobilie zuordnen.
- Er möchte einige Häuser veräußern und vermeiden, dass bei diesen Veräußerungsobjekten § 23 EStG zur Anwendung gelangt.
Erbauseinandersetzung ohne Abfindungsleistungen
Erfolgen keine Abfindungsleistungen treten die Erben in vollem Umfang in die Fußstapfen des Vaters.
Die Folgen der Fußstapfentheorie:
- AfA des Erblassers
- Andere Besteuerungsmerkmale des Erblassers, z. B. Besitzzeit/Anschaffungskosten werden fortgeführt.
Erbauseinandersetzung mit Abfindungsleistungen
Mit Abfindungszahlungen ergeben sich die nachfolgenden Rechtsfolgen:
- Teilentgeltlicher Erwerb in v. H. der Abfindung zu erhaltenen Vermögen
- Anteiliges Veräußerungsgeschäft
- Neue Veräußerungsfrist von zehn Jahren
- Neue AfA auf das Teilentgelt
- Anschaffungsnahe Aufwendungen auf das Teilentgelt
- Liegen mehrere Nachlassgegenstände vor, so ist wie folgt zu verfahren:
- Die Abfindung wird aufgeteilt nach der Vereinbarung der Miterben.
- Das BMF folgt regelmäßig der Vereinbarung der Erben, vgl. BMF, BStBl 2006 I, 253, RZ 28, 29, 42 und Schmidt/Wacker EStG § 16 RZ 628.
- Hier sind die Erben somit als Gestalter aufgerufen, um möglichst geschickte Wege zu begehen.
- Die Ziele des Sohnes sind somit erreichbar.
Erbengemeinschaften sind eine Zwangsjacke
Dennoch ist jede Erbengemeinschaft eine Zwangsjacke und hat Potenzial für Streit und das Entstehen von Kosten. Aus diesem Grunde und den erheblich steigenden Grundstückspreisen sollte alles so schnell wie möglich geteilt werden.
Gestalten Sie mit ihrem steuerlichen Berater durch GbR-Modelle
- Der Vater gründet zwei Grundstücks-GbRs mit Sohn + Tochter.
- GbR 1 mit dem Sohn mit sieben Häusern.
- GbR 2 mit der Tochter mit drei Häusern.
- Stirbt der Vater, erfolgt bei beiden GbRs eine Anwachsung bei Sohn + Tochter, § 738 BGB.
- Die benachteiligte Tochter kann ausschließlich den Zusatz-Pflichtteil verlangen, § 2305 BGB.
Soweit Sie derartige Überlegungen anstellen sollten, um Streitigkeit unter ihren potenziellen Erben zu vermeiden, dann sprechen Sie dringend Ihre steuerlichen Berater zur Gestaltung an.
Steuerermäßigung nach § 35a EStG: Bis wohin reicht der Haushalt?
Mit Urteil v. 21.02.2018 hat der BFH entschieden (BFH-Urt. v. 21.2.2018 – VI R 18/16, BStBl II 2018, 641), dass der für § 35a Abs. 3 EStG nötige räumlichfunktionale Zusammenhang zum Haushalt nicht gegeben ist, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird.
Der Baukostenzuschuss unterscheidet sich von den Kosten für den eigentlichen Grundstücksanschluss (= die Verbindung des öffentlichen Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage, beginnend an der Abzweigstelle von der jeweiligen Sammelleitung und endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks).
Zudem hat der BFH mit Urteil v. 13.05.2020 entschieden, dass der räumlichfunktionale Zusammenhang zum Haushalt an der „Bordsteinkante“ endet (BFH-Urt. v. 13.05.2020 – VI R 4/18, BFH/NV 2021, 238).
Das BMF hat nunmehr auf die vorgenannte BFH-Rechtsprechung reagiert. In dem BMF-Schreiben vom 01.09.2021 (BMF-Schr. v. 01.09.2021 – BStBl I 2021, 1494) heißt es nun:
Für Handwerkerleistungen der öffentlichen Hand, die nicht nur einzelnen Haushalten, sondern allen an den Maßnahmen der öffentlichen Hand beteiligten Haushalten zugutekommen, ist danach eine Begünstigung nach § 35a EStG ausgeschlossen (z. B. Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes oder Erschließung einer Straße).
Insoweit fehlt es an einem räumlichfunktionalen Zusammenhang der Handwerkerleistungen mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers.
Übersicht
Maßnahmen | Begünstigt | Nicht begünstigt | Haushaltsnahe Dienstleistung | Handwerkerleitung |
Straßenreinigung | ||||
Fahrbahn |
x |
|||
Gehweg |
x |
x |
||
Winterdienst | ||||
Fahrbahn |
x |
|||
Gehweg |
x |
x |
Exkurs: Kirchenaustritt und fälschliche Angaben in der ESt-Erklärung
Mit einem praxisrelevanten Sachverhalt hat sich das FG Baden-Württemberg (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 05.01.2021 – 10 K 1662/20, EFG 2021, 1689, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 6/21) auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Der Kl. erzielte im Streitjahr 2017 gewerbliche Beteiligungseinkünfte.
Bereits am 22. 12. 2014 war er aufgrund Erklärung gegenüber dem Standesamt der Gemeinde A aus der evangelischen Kirche ausgetreten.
Die Meldebehörde teilte dem BZSt den Austritt am 23.12.2014 mit Wirkung zum 01.01.2015 mit. Dennoch gab der Kl. – wie auch in den Vorjahren – in der von seinem Steuerberater erstellten und elektronisch eingereichten ESt-Erklärung 2017 an, Mitglied der evangelischen Kirche zu sein.
Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kl. evangelische KiSt für das Jahr 2017 i. H. v. 9.790,64 EUR fest. Der an den StB des Kl. bekannt gegebene Bescheid wurde bestandskräftig. Den Antrag des Kl., die KiSt-Festsetzung gem. § 175b AO aufzuheben, lehnte das Finanzamt ab. Entscheidung des FG Baden-Württemberg (FG Baden-Württemberg, Urt. v. 05.01.2021 – 10 K 1662/20, EFG 2021, 1689, Rev. eingelegt, Az. des BFH: I R 6/21). Das FG Baden-Württemberg sah die Klage als zulässig, aber unbegründet an, weil keine Änderungs- bzw. Berichtigungsnorm greift.
Nach § 175b Abs. 1 S. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten nach § 93c AO bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Damit die Änderungsnorm nach § 175b AO greift, muss es sich um Daten handeln, die für die Steuerfestsetzung übermittelt wurden. Zwar haben die Meldebehörden dem BZSt Änderungen im Melderegister – wozu auch die Änderung der Konfessionszugehörigkeit zählt – für Zwecke des Lohnsteuer-Abzugsverfahrens zu melden (§ 39e Abs. 2 Satz 2 EStG).
Diese Meldepflicht bezieht sich aber auch nur auf das Lohnsteuer-Abzugsverfahren. Für die Änderung des Kirchensteuerbescheides reicht diese Meldepflicht nach dem EStG nicht aus, weil sich diese nicht aus § 93c AO (mitteilungspflichtige Stelle) ergibt.
Bis zur abschließenden Entscheidung des BFH sollten vergleichbare Sachverhalte offengehalten werden.
Verlustabzug nach § 10d Abs. 2 EStG ist vorrangig vor dem Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen
Der BFH hat mit Beschluss v. 03.09.2021 bestätigt, dass es geklärt sei, dass der gegenüber Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen vorrangige Verlustabzug gemäß § 10d Abs. 2 EStG (Verlustvortrag) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BFH-Beschl. v. 03.09.2021 – IX B 14/21, DStR 2021, 2443 m. w. N.).
Durch den grundsätzlich nicht begrenzbaren Verlustvortrag kann es damit dazu kommen, dass sich Sonderausgaben und/oder außergewöhnliche Belastungen nicht auswirken.
Praxishinweis
Wirken sich die als Sonderausgaben ansonsten abziehbaren Beiträge zur Basisaltersversorgung infolge der Höhe des Verlustvortrags nicht aus, dürfte dies Auswirkungen auf die Versteuerung der Einnahmen aus der Basisversorgungsrente in der Auszahlungsphase und die damit verbundene Verhinderung einer Doppelbesteuerung haben.
Denn die sich nicht auswirkenden Beiträge zur Basisaltersversorgung werden faktisch aus dem zu versteuernden Einkommen erbracht und müssen bei der Prüfung, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, entsprechend berücksichtigt werden (Zur Berechnung siehe BFH-Beschl. v. 24.08.2021 – X B 53/21, DStR 2021, 2443, m. w. N.).
6 % p. a. Zinsen für Steuern ab 2014 verfassungswidrig
Nach Jahren niedriger oder negativer Zinsen war die Verzinsung für Steuern von 6% p. a. schon lange nicht mehr nachvollziehbar. Mit Beschluss v. 08.07.2021 hat das Bundesverfassungsgericht die Verzinsung nach § 233a AO ab 2014 für verfassungswidrig erklärt. Dabei unterscheidet das BVerfG nach den Verzinsungszeiträumen von 2014 bis 2018 und nach 2019.
Die Finanzverwaltung hat prompt mit einem BMF-Schreiben reagiert und setzt dieses Urteil entsprechend um.
Zeiträume von 2014 bis 2018
Für Verzinsungszeiträume von 2014 bis einschließlich 2018 ist das bisherige Recht zwar verfassungswidrig, aber laut Gericht trotzdem weiter anwendbar. Dies hielt es im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung für gerechtfertigt.
Umsetzung durch die Finanzverwaltung:
- Eingelegte Einsprüche gegen Zinsfestsetzungen dieses Zeitraums werden aufgrund der weiteren Anwendung der bisherigen Verzinsung als unbegründet abgewiesen und Verfügungen zur Aussetzung der Vollziehung zurückgenommen. Betroffene müssen mit Zinsnachzahlungen rechnen.
- Zinsfestsetzungen dieses Zeitraums werden nun für endgültig erklärt.
Zeiträume ab 2019
Für Verzinsungszeiträume ab 2019 ist die gesetzliche Regelung des § 233a AO dagegen verfassungswidrig und unanwendbar. Das Gericht hat den Gesetzgeber nun verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen.
Umsetzung durch die Finanzverwaltung:
- Sämtliche erstmaligen oder geänderten Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab 2019 unterbleiben bis zur gesetzlichen Neuregelung vorläufig (d. h. erst einmal werden keine Zinsen erhoben, die rückwirkende Festsetzung nach der Gesetzesänderung wird sich durch einen Vermerk im Bescheid jedoch vorbehalten und erfolgt, sobald der neue Zinssatz bekannt ist).
- Bereits ausgesetzte Zinsen für Verzinsungszeiträume ab 2019 bleiben auch weiterhin ausgesetzt.
Hinweis:
Nicht nur die Nachzahlungszinsen von 6 % p. a., sondern auch die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen sind verfassungswidrig. Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen sind vom Urteil jedoch nicht betroffen. Hier beträgt der Zinssatz zwar auch 6 % p. a.; dies war jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens.
Absetzbarkeit der Kosten eines Hausnotrufsystems als haushaltsnahe Dienstleistung
Viele, vor allem ältere Menschen tragen ein Notrufarmband bzw. haben ein Hausnotrufsystem, um selbstständig ihren Alltag zu bewältigen und im Notfall Hilfe rufen zu können. Für Senioren, die in betreuten Wohnanlagen leben, ist die steuerliche Anerkennung durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt. Bislang noch nicht geklärt ist, ob auch in einem eigenen Haushalt lebende Seniorinnen und Senioren diese Kosten absetzen können. Dazu sind derzeit zwei Verfahren beim BFH anhängig. In beiden Fällen obsiegten die Klägerinnen vor dem Finanzgericht und das Finanzamt ist daraufhin jeweils in die Revision gegangen. Beide Verfahren sind derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig.
Urteil des Finanzgerichts Sachsen v. 14.10.2020 (anhängig BFH 2 K 323/20)
Im ersten Verfahren ist strittig, ob die Kosten für ein externes Hausnotrufsystem einer alleinlebenden Dame abziehbar sind. Mit ihrem Notrufknopf ist sie in der Lage, im Notfall per Knopfdruck eine 24-Stunden-Service-Zentrale zu erreichen. Das Finanzamt hatte ihr die Abziehbarkeit mit der Begründung versagt, die Dienstleistung werde nicht im Haushalt der Rentnerin erbracht. Es versagte daher die Geldendmachung der monatlichen Kosten in der Einkommensteuererklärung.
Urteil des Finanzgericht Baden-Württemberg v. 11.06.2021 (anhängig BFH VI R 14/21)
Im zweiten Verfahren geht es ebenfalls um die Abzugsfähigkeit eines Notrufsystems einer älteren Dame, die allein und nicht im betreuten Wohnen lebt. Das Finanzamt argumentierte, der steuerliche Abzug in der Steuererklärung sei nur für Notrufsysteme im Rahmen des betreuten Wohnens in einer Seniorenresidenz berücksichtigungsfähig und versagte den Ansatz.
Empfehlung:
Betroffene sollten die Kosten ihres Hausnotsystems in der Einkommensteuererklärung ansetzen und im Falle der Kürzung durch das Finanzamt mit Berufung auf vorstehende Urteile Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
Hauseigentümer
Verlagern Sie Spekulationsgeschäfte mit hohen Gewinnen auf Ihre Kinder mit niedrigen Steuersätzen!
Der Bundesfinanzhof hat das nachfolgend dargestellte Modell abgesegnet und hierin keinen Gestaltungsmissbrauch gesehen.
Der Sachverhalt
- Die Mutter erwirbt in 2020 ein Grundstück.
- Sie schenkt das Grundstück in 2021 Sohn + Tochter zu je ½.
- Beide sind volljährig.
- Mit not. Vertrag vom selben Tag veräußern Sohn + Tochter das Grundstück.
- Die Mutter hatte die Verhandlungen allein geführt.
- Die Kaufpreiszahlung erfolgte auf ein Konto der Kinder.
- Das Finanzamt und das Finanzgericht rechneten den Gewinn nach § 23 EStG der Mutter zu.
Die für den Verfasser erstaunlich positive Beurteilung durch den IX. Senat des BFH
- Bei einer Schenkung findet die Fußstapfentheorie Anwendung.
- Die Anschaffungskosten der Mutter werden Sohn + Tochter zugerechnet.
- Die Besteuerungsmerkmale der Mutter gehen ebenfalls auf Sohn + Tochter über.
- Ein Gestaltungsmissbrauch setzt voraus, dass die Gestaltung unangemessen ist und keine außersteuerlichen Gründe gegeben sind.
- Nach Auffassung des entscheidenden Senats des BFH liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor.
- Die Kinder können über den Kaufpreis frei verfügen.
- Die Kinder sind nicht dazu verpflichtet, den Kaufpreis an die Mutter weiterzuleiten.
- Die Kinder haben die freie Wahl, an wen sie verkaufen.
- Die niedrigere Besteuerung bei den Kindern begründet keinen Gestaltungsmissbrauch.
Und jetzt der Knaller der Entscheidung:
- Dem Steuerpflichtigen ist es nicht verwehrt, seine steuerlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergibt.
- Der Wunsch, Steuern zu sparen, ist keine Sünde.
Das Ergebnis des Rechtsstreits beim BFH
- Der BFH hebt den Steuerbescheid gegenüber der Mutter auf.
- Das Finanzamt besteuert den Veräußerungsgewinn (noch keine Festsetzungsverjährung) bei Sohn und Tochter wegen widerstreitender Steuerfestsetzung, § 174 (5) EStG.
- Die Gestaltung ist sicherlich hart an der Grenze durchgeführt worden, aber der BFH bekennt sich zur Vertragsfreiheit und einer Absage an die Gesamtplanrechtsprechung.
Schuldzinsen für ein Mietobjekt: Surrogation über klare Regelungen
Der Sachverhalt
- A hat 2018 ein selbstgenutztes EFH gekauft.
- Er hat den Kaufpreis mit einem Bankdarlehen (Alt-Darlehen) finanziert.
- Die Restschuld beträgt 1 Mio. €.
- A veräußert das EFH in 2021 und erwirbt ein neues Mietobjekt in 2021.
- Der Veräußerungserlös für das EFG wird auf einem Girokonto eingezahlt.
- Um eine teure Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden, macht die Bank folgenden Vorschlag:
- Wir führen das Alt-Darlehen über 1 Mio. € fort.
- Die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen für das Einfamilienhaus verwandeln sich in abzugsfähige Werbungskosten für das Mietobjekt.
Wie stellt sich die Lage für A dar?
a) Schuldzinsen für das Mietobjekt
- Die Schuldzinsen stellen Werbungskosten bei den Mieteinkünften dar, wenn das Darlehen tatsächlich für das Mietobjekt verwendet wird.
- Der Steuerpflichtige macht steuermindernde Tatsachen geltend und trägt daher die Beweislast.
b) Surrogation beim Objektwechsel
- Die Schuldzinsen können als Werbungskosten für die Mieteinkünfte abgezogen werden, wenn das Alt-Darlehen tatsächlich für das neue Mietobjekt verwendet wird.
- Das Alt-Darlehen muss das Neu-Objekt tatsächlich finanzieren.
- Das Neu-Objekt ersetzt das Alt-Objekt = Surrogation.
c) Die Surrogation in 2 Schritten
- Der Veräußerungserlös für das Alt-Objekt wird auf ein Sonderkonto eingezahlt.
- Der Kaufpreis für das Neu-Objekt wird von dem Sonderkonto gezahlt.
- Folge: Das Alt-Darlehen finanziert tatsächlich das Neu-Objekt.
d) Achtung: Das Sonderkonto
- Das Sonderkonto ist entscheidend.
- Über das Sonderkonto werden zwei Zahlungsvorgänge abgewickelt.
- Veräußerungserlös für das Alt-Objekt auf das Sonderkonto.
- Kaufpreiszahlung für das Neu-Objekt über das Sonderkonto.
Die Gefahr: Das Sonderkonto
- Wer andere Zahlungen über das Sonderkonto abwickelt, gefährdet den Abzug der Schuldzinsen als WK für das Neu-Objekt.
- Das Sonderkonto darf ausschließlich den Kaufpreis für das Neu-Objekt finanzieren.
- Der Steuerpflichtige trägt die Beweislast.
e) Fazit: Es bestehen in der Praxis zwei Gestaltungsoptionen
- Das Alt-Darlehen finanziert das Neu-Objekt im Wege der Surrogation, wie vorstehend dargestellt.
- Das neue Darlehen finanziert das neue Mietobjekt mit einer Vorfälligkeitsentschädigung für das Alt-Darlehen.
Eine spannende Revision zur Frage eines Vorbehaltsnießbrauch am Surrogat
Grundsätzlich steht dem Nießbraucher an einem bebauten Grundstück die Gebäudeabschreibung nicht zu.
Eine Ausnahme besteht bei dem sog. Vorbehaltsnießbrauch, weil der Nießbraucher in diesem Fall in der Vergangenheit selbst die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat.
Es stellt sich nun die Frage, ob dieser Gedanke auch auf ein Surrogat angewendet werden kann.
Hierzu hat das Finanzgericht in dieser Weise Stellung bezogen: Wird ein unter Nießbrauchvorbehalt übertragenes vermietetes Grundstück veräußert und erwirbt der Veräußerer mit dem Erlös eine andere, der Einkünfteerzielung dienende Immobilie wiederum unter Vorbehaltsnießbrauch, steht dem Nießbraucher die Gebäude-AfA am Surrogat zu. Die Finanzbehörden haben gegen das Urteil Revision eingelegt.
In der Praxis sollten dennoch entsprechende Anträge im Rahmen der Einkommensteuererklärung gestellt werden und entsprechende Einspruchsverfahren zum Ruhen gebracht werden.
Kreative Gestaltung zur Schaffung von Abschreibungsvolumen für Gebäude im Privatvermögen
Die Gestaltung
- Eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit zahlreichen Immobilien im Gesamthandsvermögen erzielt in den Jahren 1989 – 2002 Einkünfte aus V + V.
- Im Jahr 2003 wurde die KG nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt.
- Als Folge wurden die Immobilien mit dem Teilwert
(= Marktwert) Betriebsvermögen der KG. - Im Jahr 2006 wurde die gewerbliche Prägung wieder aufgegeben.
- Hierdurch lag eine Betriebsaufgabe vor.
- Hierdurch ergab sich jedoch keine Gewinnrealisierung, da der gemeine Wert der Grundstücke im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe die Teilwerte zum Einlagezeitpunkt nicht überschritten hat.
- Diesen gemeinen Wert legte die nunmehr wieder vermögensverwaltende KG der AfA-Berechnung zugrunde.
- Im Ergebnis wurde somit ohne eine Versteuerung von stillen Reserven Abschreibungsvolumen im Privatvermögen geschaffen.
Akzeptiert der Bundesfinanzhof diese attraktive Gestaltung?
- Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hat diese Form der AfA-Generierung akzeptiert.
- Er hat hierin auch keinen Anwendungsfall des § 42 AO gesehen, weil es für die Entprägung wirtschaftliche Gründe gab.
Man sollte jedoch immer die Grenzen zum Gestaltungsmissbrauch in Auge behalten
- Wie ein namhafter Kommentator ausführt, ist die vorstehende Gestaltung sicherlich sehr reizvoll.
- Man sollte jedoch immer § 42 AO im Blick haben.
- Das bedeutet, dass man Vorsorge in der Weise treffen sollte, dass ein wirtschaftlicher Grund für diese Handlungsweise gegeben ist.
- Im Urteilsfall hat das FG die außersteuerlichen Gründe überprüft und akzeptiert.
- Leider ist im Urteilsfall nicht dargestellt worden, welche Gründe tatsächlich vorgelegen haben.
- Hier ist entsprechende Kreativität im Einzelfall gefordert.
Gewinnerteilungsabreden bei privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG
Der Streitfall
- Im Streitfall ging es um die Beantwortung der Frage, ob im Rahmen von vermögensverwaltenden Personengesellschaften Gewinnverteilungsabreden getroffen werden können.
- Konkret ging es um eine Ehegatten-GbR mit erheblichem Grundvermögen.
- Die Ehefrau war bereits lange Zeit Gesellschafterin der GbR (hervorgegangen aus einer Erbengemeinschaft).
- Der Ehemann hatte seine Beteiligung – noch innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 23 EStG – von der Erbengemeinschaft erworben.
- Noch aus der Zeit der Erbengemeinschaft bestand die Vereinbarung, dass bestimmte Wohnungen mit den lfd. Einkünften und auch entsprechende Veräußerungsgewinne der Ehefrau zuzurechnen seien.
- Die entsprechenden Wohnungen wurden veräußert und die Gewinne ausschließlich der Ehefrau zugerechnet.
Was sagt das Finanzgericht zu dieser Handhabung?
- Das Finanzgericht hat diese Gewinnverteilung akzeptiert.
- Die Ehefrau musste den Gewinn nicht mehr nach § 23 EStG versteuern.
- Beim Ehemann hätte sich eine Versteuerung nach § 23 EStG ergeben.
- Der durch das Finanzgericht aufgezeigte Weg eröffnet eine nicht uninteressante Gestaltungsidee.
- In de11Praxis sollten in einschlägigen Fallgestaltungen entsprechende vertragliche Regelungen getroffen werden.
Jede Grundstücks-GbR sollte einen Gesellschaftsvertrag haben!
Der Sachverhalt
- Ehegatten erwerben ihr selbstgenutztes Einfamilienhaus als GbR.
- Sie haben keinen GbR-Vertrag geschlossen.
- Der Ehemann verstirbt.
- Erben sind die Ehefrau und die beiden Kinder.
- Die Ehefrau beantragt beim Grundbuchamt, sie als Alleineigentümerin des Einfamilienhauses einzutragen.
Wie stellt sich die Beurteilung dar?
- Die Grundstücks-GbR ohne GbR-Vertrag kann ein verhängnisvoller Fehler sein, § 705 BGB.
- Der GbR-Vertrag kann auch jederzeit nachträglich geschlossen werden.
- Er muss nicht notariell beurkundet werden, da er nicht zur Übertragung von Grundstücken verpflichtet, § 311b BGB.
- Die notarielle Beurkundung ist in größeren Fallgestaltungen dennoch empfehlenswert.
- Keine Grundstücks-GbR ohne Vertrag.
Was sollte der GbR-Vertrag mindestens regeln?
- Feste Kapitalkonten unveränderlich
- Anwachsung als Sondererbfolge, wenn ein Gesellschafter stirbt.
- Abfindung oder Abfindungsverzicht, wenn ein Gesellschafter ausscheidet.
- Kündigungsrecht bei Scheidung oder Getrenntleben
- Einstimmigkeits- oder Mehrheitsprinzip
Hinweise zum Pflichtteilsrecht und zur Erbschaftsteuer
- Die Anwachsung kürzt nicht die Pflichtteile für die weichenden Erben.
- Der beiderseitige Abfindungsverzicht der Ehegatten beim Anwachsungserwerb ist eine Ehegattenschenkung an den überlebenden Ehegatten.
- Die Ehegattenschenkung wird dem Nachlass unbefristet und ohne Abschmelzung mit 1/10 im Hinblick auf die Pflichtteilsergänzung zugerechnet.
- Die Hinzurechnung erfolgt mit dem Wert beim Tod des Ehegatten.
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass es keine Grundstücks-GbR ohne einen GbR-Vertrag geben sollte.
Steuerfreie Veräußerung von Immobilien – Übersicht anhängiger Verfahren zu § 23 EStG
Derzeit sind mehrere Verfahren beim BFH anhängig, die sich mit der Frage der steuerfreien Veräußerung von Immobilien beschäftigen. In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen einen Überblick über die jüngsten anhängigen Verfahren geben und raten Betroffenen, sich in ähnlich gelagerten Fällen mit Einspruch auf diese Fälle zu berufen und Ruhe des Verfahrens zu beantragen.
BFH IX R 11/21 – Ist die Grundstücksveräußerung infolge einer Trennung und sich anschließenden Ehescheidung steuerfrei?
Fraglich in dem anhängigen Verfahren ist, ob ein Ehemann, der infolge der Trennung aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus ausgezogen war, sich trotzdem die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (die zur steuerfreien Veräußerung auch innerhalb der Spekulationsfrist berechtigt) zurechnen lassen kann.
Im Zuge einer Scheidungsfolgenvereinbarung veräußerte er seinen Anteil an seine frühere Ehefrau und erzielte hieraus einen Veräußerungsgewinn. Der Zeitraum zwischen Auszug und Veräußerung seines Miteigentumsanteils am gemeinsamen Haus betrug zwei Jahre.
Die Vorinstanz hatte die Klage des Ehemanns abgewiesen. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zu dieser Frage wurde die Revision zuglassen und auch eingelegt.
BFH I X R 20/21 – Ist die Veräußerung einer gelegentlich vermieteten, aber ansonsten selbstgenutzten Wohnimmobilie steuerfrei?
Fraglich ist bei einem weiteren beim BFH anhängigen Verfahren, ob die Veräußerung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie in 2018 auch dann steuerfrei bleibt, wenn im Zeitraum von 2012 bis 2017 wiederkehrend einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen im Jahr an Messegäste vermietet wurden (Mietdauer zwischen 12 und 25 Tagen).
Die Vorinstanz sprach sich gegen eine Steuerpflicht aus. Die vom Kläger vorgenommene Vermietungstätigkeit stünde der Ausnahmeregelung, dass ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude auch innerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei veräußert werden können, nicht entgegen. Die Revision wurde eingelegt.
BFH IX R 22/21 – Ist der Verkauf eines Mobilheims (Tiny House) steuerfrei?
In einem weiteren anhängigen Verfahren ist strittig, ob die Veräußerung eines zuvor der Vermietung dienenden Mobilheims steuerfrei erfolgen kann. Das aus Holz bestehende Mobilheim mit einer Wohnfläche von 60 qm war auf einer gemieteten Parzelle auf einem Campingplatz aufgestellt. Das Mobilheim war jederzeit versetzbar und transportabel. Zwischen Anschaffung und Veräußerung lagen weniger als zehn Jahre. Die Vorinstanz sah in der Veräußerung kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft.
Zwar handelt es sich bei dem Mobilheim um ein Gebäude, es sei aber nicht fest mit dem Boden verankert, sondern lediglich vorübergehend aufgestellt. Es sei zudem nicht zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks geworden.
Das Finanzamt ist hiergegen in die Revision gegangen.
Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubauten: Bauantrag bis zum 31.12.2021 erforderlich
Über die 2019 eingeführte Sonderregelung zur Förderung des Mietwohnungsneubaus des § 7b EStG können in den ersten vier Jahren bis zu 28 % steuermindernd abgeschrieben werden (je 5 % Sonderabschreibung neben 2 % linearer Abschreibung).
Voraussetzungen:
- Die steuerliche Förderung ist begrenzt auf Vorhaben, die 3.000 Euro Anschaffungs- oder Herstellungskosten pro Quadratmeter Wohnraum (ohne Grund und Boden) nicht überschreiten.
- Die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung ist auf 2.000 Euro gedeckelt.
- Gefördert werden Mietwohnungsneubauten sowie der Bau von neuen Wohnungen in bestehenden Gebäuden.
- Die Wohnung muss im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen und dauerhaft bewohnt sein.
Beachten Sie:
Die relativ junge Regelung läuft bereits Ende 2021 wieder aus!
Frist für Berechtigung zur Sonderabschreibung endet am 31.12.2021:
Wer noch von der Sonderabschreibung profitieren will, muss sich beeilen. Begünstigt sind nur Neubauten von Mietwohnungen, für die
- der Bauantrag nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt oder
- sofern ein Bauantrag für die Wohnung nicht erforderlich ist, die Bauanzeige vor dem 01.01.2022 erstattet wurde.
Hinweis:
Maßgebend ist jeweils das Datum des Eingangsstempels bei der zuständigen Behörde. Der Beginn der Bauarbeiten ist hingegen irrelevant.
Volle Ausschöpfung der Sonderabschreibung nur bei Fertigstellung bis 2023:
Zudem können die Sonderabschreibungen nur bis 2026 in Anspruch genommen werden, sodass die Fertigstellung noch im Jahr 2023 erfolgen muss, wenn der vierjährige Begünstigungszeitraum ausgeschöpft werden soll.
Gewerbetreibende
Steuerfalle qualifizierte Nachfolgeklausel bei Personengesellschaften bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen = hier besteht ein dringender Handlungsbedarf
Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel kann ausschließlich der Miterbe in die Gesellschaft nachrücken, der die Qualifikationskriterien des Gesellschaftsvertrags erfüllt. Dabei wird der (Mit)Erbe, der die Qualifizierung erfüllt, Gesellschafter – und zwar unabhängig von seiner Erbquote.
Unter Umständen erhält der Miterbe somit mehr, als es seiner Erbquote entspricht. Dem ist jedoch unter Ausgleichsgesichtspunkten gegenüber den nicht nachfolgenden Erben Rechnung zu tragen (allerdings nicht auf der Ebene der PersGes).
Eine Ausgleichsverpflichtung ist eine Sache der Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Gesellschafter. An dieser Stelle können jedoch auch entsprechende Ausschlussmöglichkeiten vorgesehen sein.
Probleme entstehen häufig bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen. Denn der Anteil an der Personengesellschaft geht unmittelbar auf den qualifizierten Erben über. Allerdings fällt das Sonderbetriebsvermögen in die Erbengemeinschaft, da abseits der Gesamthand keine Nachfolge auf Basis der Sonderrechtsnachfolge vorgesehen ist. Ggf. erwerben auf diese Weise Personen das Sonderbetriebsvermögen von Todes wegen in Erbengemeinschaft, die nicht bzw. zu anderen Quoten in den Personengesellschaftsanteil nachfolgen.
Beispiel mit Sonderbetriebsvermögen
- A, B, C sind Erben des E zu 1/3.
- Nur A hat die Meisterprüfung bestanden, was lt. Gesellschaftsvertrag für die Nachfolge in die E-KG Voraussetzung ist.
- Keiner ist bislang an der E-KG beteiligt.
- A folgt als Sonderrechtsnachfolger allein in die Gesellschafterstellung des E in die E-KG nach.
- Das Betriebsgrundstück im Sonderbetriebsvermögen des E fällt in die Erbengemeinschaft.
- Es ist somit zu je 1/3 B + C zuzurechnen, die nicht an der E-KG beteiligt sind.
- Hierdurch entsteht eine Zwangsentnahme des Grundstücks in das Privatvermögen zu 2/3 durch B + C.
- Diese Entnahme kann auch nicht durch ein Vermächtnis hinsichtlich des Grundstücks rechtsicher vermieden werden.
- Ein Vermächtnisvollzugsvertrag kann erst zeitlich versetzt nach dem Erbfall abgeschlossen werden.
Zu dieser Thematik haben der Bundesfinanzhof und das Bundesministerium der Finanzen Stellung bezogen, BFH v. 10.09.2020 IV R 14/18, BStBl 2021 II, 367, BMF-Schreiben v. 05.05.2021 BStBl 2021 I, 696
- Hieraus ergibt sich das folgende unbefriedigende Ergebnis: Wird im Zeitpunkt der Übertragung eines Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögens zurückbehalten und zeitgleich in das Privatvermögen des Übertragenden überführt, ist ein Buchwertansatz nach § 6 (3) EStG nicht zulässig.
- Es liegt in diesem Fall insgesamt eine tarifbegünstigte Betriebsaufgabe vor.
An dieser Stelle muss dringend gestaltet werden! Hierzu sprechen Sie bitte Ihre steuerlichen Berater an, die Ihnen ausschließlich die nachfolgenden Lösungsmöglichkeiten anbieten können:
- Die Übertragung des Sonderbetriebsvermögens in die Gesamthand der Personengesellschaft, weil das Vermögen auf diese Weise mit auf den qualifizierten Erben übergeht.
- Die Ausgliederung des Sonderbetriebsvermögens in eine gesonderte GmbH (UG) & Co. KG, weil das Vermögen dann nicht an der qualifizierten Erbfolge teilnimmt.
Arbeitgeber
Auslandsreisekosten 2021 gelten auch 2022 weiter
Das BMF hat mitgeteilt, dass die Auslandstage- und Auslandsübernachtungspauschalen zum 01.01.2022 nicht neu festgelegt werden. Demzufolge sind die bisherigen Auslandsreisekosten über das Jahr 2021 hinaus anzuwenden.
Neu: Elektronische Abgabe von (weiteren) Lohnsteuervordrucken ab Oktober 2021 möglich!
Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass eine elektronische Abgabe von Lohnsteuervordrucken, z. B. Antrag auf Steuerklassenwechsel, Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung und weitere Vordrucke nun auch über ELSTER möglich sein wird.
Das elektronische Finanzamt „MeinELSTER“ erweitert seine Angebotspalette: Die bislang nur in Papierform abzugebenden amtlichen Lohnsteuervordrucke können ab dem 01.10.2021 auch online an das Finanzamt übermittelt werden. Dazu zählen folgende, häufig benötigte Vordrucke:
- Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung einschließlich Anlagen
- Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern
- Anträge zu den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM)
- Erklärung zum dauernden Getrenntleben
- Erklärung zur Wiederaufnahme der ehelichen/lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft
Arbeitnehmer
Erste Tätigkeitsstätte: Rolle rückwärts des BFH
Der BFH hat sich mit Urt. v. 12.07.2021 (VI R 9/19) zum Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte geäußert.
Die erste Tätigkeitsstätte definiert sich nach § 9 Abs. 4 EStG. Erste Tätigkeitsstätte ist danach die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Die Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.
Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
- je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein
Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.
Im Streitfall war die Klägerin als Mitarbeiterin im Allgemeinen Ordnungsdienst im Ordnungsamt angestellt. Die Klägerin führte 207 Fahrten von zu Hause zum Ordnungsamt durch und setzte diese nach Reisekostengrundsätzen an. Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber nur die Entfernungspauschale.
Die Klägerin war dem Ordnungsamt zugeordnet und sollte sich dort umziehen, an Dienstbesprechungen teilnehmen und Sachen entgegennehmen. Auch Gerichtstermine werden von diesem Ort aus angetreten.
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Die Zuordnung zum Dienstsitz „Ordnungsamt“ ist wirksam, weil an diesem Ort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen sind, die arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich geschuldet werden und die zum ausgeübten Berufsbild gehören. Die Tätigkeit der Klägerin im Außendienst wurde durch die Tätigkeiten im Innendienst ergänzt.
Anmerkung
Der BFH deutet an, dass reine organisatorische Maßnahmen, wie etwa die Abgabe von Unterlagen, für die Erfassung der Dienstzeit nicht als Tätigkeit i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG ausreicht. Wird beispielsweise am Betriebssitz ein Fahrzeug übernommen, ohne das Zusatztätigkeiten hinzukommen, könnte die Begründung einer ersten Tätigkeitsstätte auch bei Arbeitgeberzuordnung fraglich sein. Der BFH will nunmehr offensichtlich in jedem Zuordnungseinzelfall genau die dort zu erbringende Tätigkeit würdigen.
Häusliches Arbeitszimmer und § 23 EStG
Eine bedeutsame Entscheidung zum häuslichen Arbeitszimmer im Zusammenhang mit § 23 EStG hat der BFH getroffen (BFH-Urt. v. 01.03.2021 – IX R 27/19, DStR 2021, 1692). Danach wird der Eigennutzung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zu Einkunftserzielungszwecken zugerechnet. Der BFH begründet seine Entscheidung wie folgt: Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Stpfl. (auch selbst) bewohnt wird.
Ein häusliches Arbeitszimmer im Zusammenhang mit Überschusseinkünften wird zumindest zeitweise auch für eigene Wohnzwecke i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG genutzt, da eine nahezu ausschließliche Nutzung für berufliche Zwecke für den Werbungskostenansatz ausreicht (BFH-Beschl. v. 27.07.2015 – GrS 1/14, BStBl II 2016, 265) und eine (mögliche) geringfügige Nutzung des Raums zu eigenen Wohnzwecken als unbeachtlich erachtet wird (a. A. BMF-Schr. v. 05.10.2000 – IV C 3-S 2256-263/00, BStBl I 2000, 1383 Rz. 21).
Von einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist auch auszugehen, wenn das Objekt nur zeitweilig bewohnt wird, sofern es in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Der BFH schließt auch Zweitwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden, in die Steuerbegünstigung ein (Vgl. BFH-Urt. v. 03.09.2019 – IX R 8/18, BStBl II 2020, 122 Rz. 22).
Die Entscheidung des BFH in der Rechtssache IX R 27/19 erging zu einem im Rahmen von Überschusseinkünften genutzten häuslichen Arbeitszimmer. Das häusliche Arbeitszimmer gilt auch als zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sodass eine Besteuerungsausnahme nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz. 3 EStG anwendbar ist. Auf den Umfang des Werbungskostenabzugs kommt es nicht an.
Praxishinweis
Wird in 2020 und 2021 bei den Überschusseinkünften eine Homeoffice-Pauschale von fünf Euro (täglich, max. 600 Euro im VZ) geltend gemacht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b S. 4 EStG), liegt ebenso keine schädliche Fremdnutzung i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vor.
Die Finanzverwaltung hat beschlossen, die BFH-Entscheidung IX R 27/19 amtlich zu veröffentlichen und in allen noch offenen Fällen zur Anwendung kommen zu lassen. Zu einer Anpassung des bisherigen BMF-Schreibens (BMF-Schr. v. 05.10.2000 – IV C 3-S 2256-263/00, BStBl I 2000, 1383 Rz. 21) dürfte es ebenso kommen.
Stellt das häusliche Arbeitszimmer Betriebsvermögen im Rahmen von Gewinneinkünften dar, finden die Urteilsgrundsätze der Rezensionsentscheidung keine Anwendung (Vgl. Schießl, jurisPR-SteuerR 34/2021 Anm. 4). Der BFH geht bezüglich des häuslichen Arbeitszimmers von notwendigem Betriebsvermögen aus, sofern kein eigenbetrieblich genutzter Gebäudeteil von untergeordneter Bedeutung vorliegt (BFH-Urt. v. 16.06.2020 – VIII R 15/17, BStBl II 2020, 841).
In der BFH-Entscheidung in der Rechtssache IX R 27/19 kam es nicht auf die Frage an, ob das häusliche Arbeitszimmer überhaupt ein Wirtschaftsgut ist (BFH-Urt. v. 01.03.2021 – IX R 27/19, DStR 2021, 1692 Rz. 25). Die Vorinstanz ging noch davon aus, dass die gesamte Eigentumswohnung und nicht das häusliche Arbeitszimmer das einheitliche Wirtschaftsgut sei. Die Wirtschaftsguteigenschaft des häuslichen Arbeitszimmers wurde mangels Einzelveräußerbarkeit abgelehnt. Die zu den Gewinneinkünften ergangene BFH-Rechtsprechung (BFH-Urt. v. 16.06.2020 – VIII R 15/17, BStBl II 2020, 841) geht auf diese Diskussion (Kanzler, NWB 2020, 2880) – zumindest bislang – nicht näher ein.
Bonuszahlungen der Krankenkasse
Beitragserstattungen der Krankenkassen können die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsaufwendungen mindern. Auch Bonuszahlungen können wie eine Beitragsrückerstattung einzuordnen sein.
Bei den Bonusleistungen ist zu unterscheiden zwischen
- sonderausgabenneutralen und
- sonderausgabenmindernden
Bonusleistungen.
Mit Urteil v. 06.05.2020 hat es der BFH zugelassen, dass auch pauschale Bonuszahlungen sonderausgabenabzugsneutral sein können, sofern die pauschale Bonuszahlung ganz oder zum Teil im Zusammenhang mit tatsächlichen Krankheitsaufwendungen steht. Die Bonuszahlung steht dann nicht im Zusammenhang mit dem Basiskrankenversicherungsschutz.
Den Beitragsrückerstattungen sind auch Prämienzahlungen der gesetzlichen Krankenkassen für einen Wahltarif zuzurechnen. Etwas anderes dürfte nur gelten, wenn eine unmittelbare Mittelverwendung zugunsten einer Gesundheitsmaßnahme nachgewiesen werden kann (FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.03.2021 – 4 K 1017/20, EFG 2021, 1103, rkr. siehe auch Scholz, NWB 24/2021, 1704 (1705)).
Offen war die Frage, ob auch eine (pauschale) Bonusleistung einer privaten Krankenversicherung zwingend sonderausgabenmindernd zu berücksichtigen ist. Zumindest, wenn ein gesamter, bereits ausgezahlter jährlicher Bonus auf einen Erstattungsbetrag angerechnet wird, handelt es sich um einen sonderausgabenmindernden Selbstbehalt (BFH-Urt. v. 16.12.2020 – X R 31/19, DStR 2021, 1411).
Im Entscheidungsfall erhielt der privat krankenversicherte Kläger einen Bonus, der auf die erstattungsfähigen Krankheitskosten angerechnet wurde. Dieser Bonus steht im Zusammenhang mit den Basiskrankenversicherungsaufwendungen, weil durch diese Bonusregelung zu einem kostenbewussten bzw. sogar kostenvermeidenden Verhalten bewegt werden soll.
Letztlich bleibt der Bonus von 30 EUR im Monat (= 360 EUR im Jahr) erhalten, wenn keine oder geringere Gesundheitsaufwendungen vorliegen.
Erwerber von Schenkungen / Erbschaften
Stundung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei Übertragung privaten Grundbesitzes
Wird ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück des Privatvermögens vererbt oder verschenkt und kann der Erwerber die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer nur durch einen Verkauf aufbringen, so ist er berechtigt, eine Stundung von bis zu zehn Jahren zu beantragen (§ 28 Abs. 3 ErbStG). Im Falle des Erwerbs von Todes wegen erfolgt die Stundung sogar zinslos.
Die Finanzverwaltung stellt regelmäßig sehr hohe Anforderungen an die Gewährung dieser Stundung. Nun gibt es aktuelle Rechtsprechung zugunsten der Betroffenen, die dem BFH zur Bestätigung vorliegt.
Der Sachverhalt:
Eine wohlhabende Tante schenkte ihrer Nichte ein vermietetes Mietwohngrundstück unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs (d. h. die Tante beansprucht bis zu ihrem Tod weiterhin die laufenden Mieterträge). Für die Schenkung setzte das Finanzamt 7.000 Euro Schenkungsteuer fest. Weil aus dem Grundstück (infolge des Nießbrauchs) keine Einnahmen erzielt wurden, die Erwerberin selbst kein eigenes Vermögen besaß und wegen weiterer Kreditbelastungen nachweislich keine weitere Bankfinanzierung möglich war, beantragte sie die Stundung/Ratenzahlung über zehn Jahre.
Das Finanzamt lehnte die Stundung wegen des bewusst gewählten Nießbrauchs und der Tatsache ab, dass die wohlhabende Tante zur Zahlung der Steuer herangezogen werden könne. Überdies hätte die Erwerberin nicht nachgewiesen, dass eine Kreditaufnahme generell nicht möglich war.
Das Urteil des FG Münster v. 11.03.2021:
Das Finanzgericht Münster widersprach der Auffassung der Finanzverwaltung und gewährte der Erwerberin die Stundung in vollem Umfang:
- Da die Erwerberin nachweislich bei ihrer Bank keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten konnte, war sie stundungsbedürftig. Grundsätzlich gilt zwar der Vorrang der Fremdmittelfinanzierung. Dies beziehe sich allerdings nur auf die Kreditaufnahme am Kapitalmarkt. Ein Erwerber müsse zur Begleichung der Steuer keine Kredite jenseits des Kapitalmarktes (z. B. innerhalb der Familie oder bei Freunden) aufnehmen. Damit widerspricht das Gericht der bisherigen Verwaltungsauffassung.
- Auch stehe eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt der Stundung nicht entgegen.
- Außerdem sei irrelevant, ob der Schenker möglicherweise als Gesamtschuldner für die Begleichung der Schenkungsteuer in Anspruch genommen werden könne. Auch damit widerspricht das Finanzgericht der Auffassung der Finanzverwaltung.
Gegen das Urteil hat die Finanzverwaltung Revision unter Az. BFH II R 7/21 eingelegt. Ob die Ansicht des FG Münster höchstrichterlich bestätigt wird, bleibt abzuwarten. In ähnlich gelagerten Fällen sollte vorsorglich Ruhe des Verfahrens beantragt werden.
Steuerbefreiung für Familienheime: Wie viel Garten gehört dazu?
Im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz gibt es neben weiteren sachlichen Steuerbefreiungen eine Steuerfreistellung, wenn das Familienheim zu Lebzeiten oder im Erbfall übergeht und die Voraussetzungen erfüllt werden. Bisher war der Umfang des Familienheims, insbesondere der Begriff des begünstigten Grundstücks, ungeklärt.
Der Sachverhalt:
Im Zuge eines Erbfalls erwarb eine Alleinerbin von ihrer Mutter eine Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus, das als begünstigtes Familienheim qualifizierte. Neben dem mit dem Familienheim bebauten Grundstück befand sich ein angrenzendes unbebautes Gartengrundstück, welches die Tochter ebenfalls erbte.
Dieses angrenzende Gartengrundstück war grundbuchrechtlich ein eigenständiges Flurstück. Die Erbin begehrte in der Erbschaftsteuererklärung für beide Grundstücke als Gesamteinheit die erbschaftsteuerliche Steuerbefreiung für Familienheime.
Die Rechtsfrage:
Kann zum „Familienheim“ auch ein angrenzender Garten gehören, der in einheitlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Familienheim steht, aber eine andere Flurnummer trägt?
Das Urteil des BFH v. 23.02.2021:
Laut dem BFH ist die Steuerbefreiung nur für bebaute Grundstücke, auf dem sich das Familienheim befindet, zu gewähren. Da vorliegend sowohl zivilrechtlich als auch bewertungsrechtlich zwei Flurstücke vorlagen, verneinte es die Begünstigung für das angrenzende unbebaute Gartengrundstück.
Hinweis:
Die Auffassung des BFH ist auf angrenzende Grundstücke mit Garagen oder Nebengebäuden übertragbar.
Gestaltungsempfehlung:
Läge der Garten auf dem gleichen Grundstück, wäre er in die Begünstigung einzubeziehen. Hier könnte es sich daher empfehlen, die beiden Flurstücke zu Lebzeiten zu vereinigen.
Umsatzsteuerzahler
Anwendung von § 13b UStG bei Organschaften
Unter bestimmten Voraussetzungen wechselt die Steuerschuldnerschaft für die Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger (§ 13b UStG). Dieses Verfahren wird auch Reverse-Charge-Verfahren genannt und hat enorme Bedeutung in der Praxis.
Insbesondere beim Empfang von Bauleistungen kommt es häufig zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft. Voraussetzung ist, dass der Leistungsempfänger von Bauleistungen selbst mehr als 10 % seiner weltweit ausgeführten Umsätze im Bereich der Bauleistungen ausführt. Liegt diese besondere Voraussetzung vor, hat der bauleistende Unternehmer eine Rechnung ohne Umsatzsteuer mit Hinweis auf § 13b UStG auszustellen und der Leistungsempfänger schuldet die Umsatzsteuer an das Finanzamt.
Neues BMF-Schreiben zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Organschaften v. 27.09.2021. Ungeklärt war lange, ob es auch zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft kommt, wenn eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen mehreren Gesellschaften besteht und diese sich gegenseitig Bauleistungen erbringen.
Die Finanzverwaltung hat mit einem neuen BMF-Schreiben auf ein früheres Urteil des BFH reagiert und klargestellt, dass nichtsteuerbare Innenumsätze innerhalb des Organkreises bei der Berechnung der 10 %-Grenze als Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuld in Bauleistungsfällen nicht berücksichtigt werden. Es wird lediglich auf außerhalb des Organkreises erbrachte Leistungen abgestellt.
Hinweis:
Die Grundsätze des BMF-Schreibens zu Organschaften gelten auch für den Übergang der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Lieferung von Gas oder Elektrizität, Gebäudereinigung oder Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Das BMF-Schreiben gilt in allen offenen Fällen.
Sonstiges
Fälligkeitstermine für Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung von November 2021 bis Januar 2021
Steuertermin Umsatzsteuer bei Monatszahlern: 10.11.2021, 11.12.2021 und 10.01.2022
Steuertermin Lohnsteuer bei Monatszahlern: 10.11.2021, 11.12.2021 und 10.01.2022
Steuertermin Gewerbesteuer IV. 2021 bei Monatszahlern: 15.11.2021
Steuertermin Grundsteuer IV. 2021 bei Monatszahlern: 15.11.2021
Steuertermin Einkommenssteuer-VZ IV. 2021: 11.12.2021
Steuertermin Körperschaftsteuer-VZ IV. 2021: 11.12.2021
Bei Scheckeinzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens 3 Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat November 2021 somit am 24.11.2021, für den Beitragsmonat Dezember 2021 somit am 23.12.2021 und für den Beitragsmonat Januar 2021 somit am 25.01.2021.
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