Mit häufigen Gesetzesänderungen und laufend neuen Urteilen ist das Steuerrecht eines der dynamischsten Rechtsgebiete in Deutschland, das fast jeden von uns unmittelbar betrifft. Auch in dieser Ausgabe ist deshalb sicherlich auch für Sie etwas dabei.
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Inhalt
Alle Steuerzahler
- Krankenversicherungsaufwendungen und pauschale Bonuszahlungen
- Kosten des Statikers als Handwerkerleistung
- Zweites Familienentlastungsgesetz kommt
- Behinderten-Pauschbetragsgesetz
- Achtung: Der Ehevertrag als Steuerfalle bei der Schenkungsteuer
Hauseigentümer
- BFH zur Minderung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Wohn- und Gewerbeimmobilien
- Eine spannende Entscheidung des FG Baden-Württemberg, die den Finanzbehörden gar nicht gefällt: Entschädigungen bei Schrottimmobilien führen nicht zu Einkünften
- Führt die Nutzung einer grundsätzlich zu eigenen Wohnzwecke genutzten Eigentumswohnung ggf. hinsichtlich eines Arbeitszimmers zur Annahme eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 23 EStG?
- Eine spannende Fragestellung, die gestaltet werden kann: Können z.B. die Veräußerungskosten einer Immobilie vorab entstandene Werbungskosten für eine andere (neue) vermietete Immobilie darstellen?
- In einer aktuellen Entscheidung zu Veräußerungskosten einer nicht vermieteten Immobilie macht der Bundesfinanzhof sehr deutlich, wie nicht gehandelt werden darf
- Eine spannende Frage bei der Beurteilung von privaten Veräußerungsgeschäften mit zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die der Bundesfinanzhof zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden hat
Kapitalgesellschaften / Kapitalanleger
Gewerbetreibende
- BFH bestätigt Einbehaltungspflicht von Bauabzugsteuer bei Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen
- Besteht die Möglichkeit den Anscheinsbeweis der privaten PKW-Nutzung von betrieblichen Fahrzeugen zu widerlegen und damit eine Anwendung der 1 v.H.-Regelung zu vermeiden?
- Vermeiden Sie eine böse Steuerfalle, wenn Sie als Kommanditist Ihre KG mit Eigenkapital ausstatten möchten, um sich Verluste steuerlich nutzbar zu machen
Freiberufler
Arbeitgeber
- Anpassung der amtlichen Sachbezugswerte ab 2021
- Behördlich angeordnete Quarantäne und Beitragszuschuss nach § 257 SGB V
Arbeitnehmer
Sonstiges
- Fälligkeitstermine für Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung von Oktober bis Dezember 2020
- Haftungsausschluss/Quelle
Alle Steuerzahler
Krankenversicherungsaufwendungen und pauschale Bonuszahlungen
Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonuszahlungen) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht zwangsläufig den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge. Bonuszahlungen sind dann sonderausgabenneutral, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Bezugsberechtigten ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Neu ist, dass dies selbst dann gilt, wenn ein pauschaler Bonus von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt wird.
Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte im Entscheidungsfall von seiner Krankenkasse für „gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 € erhalten, u.a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts.
Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.
Der BFH nimmt in seiner Entscheidung eine differenzierte Betrachtung vor.
Danach mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen.
Voraussetzung ist weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Bezugsberechtigten Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen.
Nimmt der Bezugsberechtigte dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.
Kosten des Statikers als Handwerkerleistung
Strittig ist weiterhin, ob die Kosten für einen Statiker als Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG in Ansatz gebracht werden können.
Abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung hat das FG Baden-Württemberg nunmehr die Kosten für die statische Berechnung einer anderen Firma als derjenigen, die die eigentliche Handwerkerleistung (im Entscheidungsfall: Austausch von Dachstützen) durchführt, auch als Handwerkerleistung angesehen.
Zweites Familienentlastungsgesetz kommt
Das Bundeskabinett hat am 29. Juli 2020 ein Zweites Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG) beschlossen.
Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist vor dem Jahreswechsel zu rechnen.
Grundfreibetrag
Folgende Erhöhungen des Grundfreibetrags sind vorgesehen:
Übersicht
2020 | 2021 | 2022 | |
Grundfreibetrag(Einzelveranlagung) | 9.408 EUR | 9.696 EUR | 9.984 EUR |
Grundfreibetrag
(Zusammenveranlagung) |
18.816 EUR | 19.392 EUR | 19.968 EUR |
Unterhaltsabzug
Der Gesetzgeber hat auch den Unterhaltsabzugshöchstbetrag i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG an die Erhöhung des Grundfreibetrags angepasst. Eine Anhebung des Höchstbetrags (§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG) erfolgt somit in zwei Stufen:
Übersicht
2020 | 2021 | 2022 |
9.408 EUR | 9.696 EUR | 9.984 EUR |
Als Folgewirkung aus der Erhöhung des Unterhaltsabzugshöchstbetrages können höhere Freibeträge im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen sein. Es gilt daher, eine Anpassung der Freibeträge zum Jahreswechsel 2020/2021 zu überprüfen. Eine erhöhte Kostenberücksichtigung ist auch bei den Einkommensteuer-Vorauszahlungen möglich.
Tarifänderungen
Durch die Neufassung von § 32a Abs. 1 EStG wird der für das jeweilige Veranlagungsjahr geltende Einkommensteuertarif neu normiert.Der Tarif berücksichtigt die Anhebung des Grundfreibetrags im VZ 2021 und im VZ 2022. Außerdem werden die Eckwerte des Einkommensteuertarifs 2021 um 1,52 Prozent und 2022 um 1,5 Prozent „nach rechts verschoben“. Hierdurch wird die sog. kalte Progression abgebaut; die Lohnsteuer- und Einkommensteuerbelastung reduziert sich durch diese Tarifverschiebungen.
Kindergeld / Kinderbonus / Kinderfreibetrag
Das Kindergeld und der Freibetrag für Kinder nebst Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf werden durch das Zweite Familienentlastungsgesetz ab 2021 erhöht. Zudem ist zu beachten, dass der Gesetzgeber durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz für 2020 einen Kinderbonus beschlossen hat.
Kindergeld 2020 | Kindergeld ab 2021 | |||
monatlich | jährlich | monatlich | jährlich | |
1. Kind | 204 EUR | 2.448 EUR | 219 EUR | 2.628 EUR |
2. Kind | 204 EUR | 2.448 EUR | 219 EUR | 2.628 EUR |
3. Kind | 210 EUR | 2.520 EUR | 225 EUR | 2.700 EUR |
Ab 4. Kind | 235 EUR | 2.820 EUR | 250 EUR | 3.000 EUR |
Freibeträge für Kinder
Durch das 2. FamEntlastG treten Erhöhungen beim Freibetrag für Kinder ein.
Übersicht je Elternteil
2020 | 2021 | |
Kinderfreibetrag | 2.586 EUR | 2.370 EUR |
BEA-Freibetrag | 1.320 EUR | 1.464 EUR |
Summe | 3.906 EUR | 4.194 EUR |
Übersicht beide Elternteile
2020 | 2021 | |
Kinderfreibetrag | 5.172 EUR | 5.460 EUR |
BEA-Freibetrag | 2.640 EUR | 2.928 EUR |
Summe | 7.812 EUR | 8.388 EUR |
Nach Ablauf des Kalenderjahres prüft das Finanzamt von Amts wegen bei der Veranlagung der Eltern zur Einkommensteuer, ob mit dem Anspruch auf Kindergeld bzw. mit den mit dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen i. S. d. § 65 EStG das Existenzminimum der Kinder steuerfrei gestellt wurde (Günstigerprüfung).Ist dies nicht der Fall, werden die Freibeträge für Kinder vom Einkommen abgezogen und der Anspruch auf Kindergeld mit der steuerlichen Wirkung der Freibeträge verrechnet.
Behinderten-Pauschbetragsgesetz
Das Bundeskabinett hat am 29. Juli 2020 ein Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Behinderten-Pauschbetragsgesetz) beschlossen.
Der Gesetzentwurf wurde in den Bundestag eingebracht. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist im Herbst 2020 zu rechnen.
Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge
Die Höhe des Behinderten-Pauschbetrags ist auch in der Zukunft vom Grad der Behinderung abhängig. Die Behinderten-Pauschbeträge sollen i.d.R. verdoppelt werden.
Zudem sollen den Behinderten-Pauschbetrag Menschen erhalten, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist. Diese Rechtsänderung soll ab dem VZ 2021 anzuwenden sein.
Grad der Behinderung | bislang |
von 25 und 30 | 310 EUR |
von 35 und 40 | 430 EUR |
von 45 und 50 | 570 EUR |
von 55 und 60 | 720 EUR |
von 65 und 70 | 890 EUR |
von 75 und 80 | 1.060 EUR |
von 85 und 90 | 1.230 EUR |
von 95 und 100 | 1.420 EUR |
Hilflose bzw. blinde Menschen | 3.700 EUR |
Grad der Behinderung | nunmehr vorgesehen |
von 20 | 384 EUR |
von 30 | 620 EUR |
von 40 | 860 EUR |
von 50 | 1.140 EUR |
von 60 | 1.440 EUR |
von 70 | 1.780 EUR |
von 80 | 2.120 EUR |
von 90 | 2.460 EUR |
von 100 | 2.840 EUR |
Hilflose bzw. blinde Menschen | 7.400 EUR |
Weniger Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags bei einem Grad der Behinderung kleiner 50
Das Verfahren für Steuerpflichtige mit einem Grad der Behinderung kleiner 50 wird vereinfacht. Künftig ist die Gewährung des Behinderten-Pauschbetrags nur noch vom Grad der Behinderung abhängig. Die Zusatzvoraussetzungen bei Menschen mit einer Behinderung von weniger als 50 wie etwa eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit müssen künftig nicht mehr nachgewiesen werden.
Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags auf die Eltern
Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag für Kinder oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.
Der Pauschbetrag ist grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.
Voraussetzung für diese Übertragung ist künftig die Angabe der dem Kind erteilten Identifikationsnummer in der Einkommensteuer-Erklärung.
Einführung eines behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrags
Anstelle des bisherigen individuellen und aufwändigen Einzelnachweises der behinderungsbedingt entstandenen Fahrtkosten wird ab 2021 eine Pauschbetragsregelung in Höhe der bisher geltenden Maximalbeträge (900 EUR bzw. 4.500 EUR) eingeführt. Damit sollen die durch die Behinderung veranlassten Aufwendungen für unvermeidbare Fahrten abgegolten werden. Die behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschale ist selbst dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn der Behinderten-Pauschbetrag in Ansatz gebracht wird.
Übersicht
Grad der Behinderung | nunmehr vorgesehen |
Mindestens 80 | 900 EUR |
Mindestens 70 und Merkzeichen „G“ | 900 EUR |
Merkzeichen „aG“ | 4.500 EUR |
Merkzeichen „BI“ | 4.500 EUR |
Merkzeichen H | 4.500 EUR |
Anpassungen beim Pflege-Pauschbetrag
Darüber hinaus werden mit den Verbesserungen beim Pflege-Pauschbetrag (vgl. § 33b Abs. 6 EStG) die Belastungen, die die häusliche Pflege mit sich bringt, im angemessenen Rahmen steuerlich anerkannt. Der Pflege-Pauschbetrag soll in erster Linie die nicht bezifferbaren Aufwendungen des Pflegenden für die persönliche Pflege abdecken. Als Pflege-Pauschbetrag wird ab 2021 gewährt:
bei Pflegegrad 2: 600 EUR
bei Pflegegrad 3: 1.100 EUR
bei Pflegegrad 4 oder 5
(einschließlich hilfloser Menschen): 1.800 EUR
Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war. Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen. Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen geteilt.
Achtung: Der Ehevertrag als Steuerfalle bei der Schenkungsteuer
Die Rechtsfrage im Urteilsfall des Finanzgerichts München
- Fraglich war im Urteilsfall, ob die Vereinbarung einer Gütertrennung zur Steuerfalle mutieren kann.
- Im Urteilsfall war vereinbart worden, dass die Ehefrau im Fall der Ehescheidung eine Abfindungszahlung für den Verzicht auf den Zugewinnausgleich und den Verzicht auf den Versorgungsausgleich erhalten sollte.
Wie beurteilt das Finanzgericht die Situation bei der Scheidung der Eheleute
- Das FG München hat nun entschieden, dass die Ausgleichszahlungen als freigebige Zuwendungen i.S.d. § 7 (1) ErbStG zu beurteilen sind, die der Schenkungsteuer unterliegen.
- Der „Verzicht“ der Ehefrau soll nach Auffassung des Gerichts ohne steuerliche Auswirkung bleiben.
- Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Finanzgericht auch noch zur Anwendung der (wesentliche schlechteren) Steuerklasse II gelangt, da die Zahlung aufschiebend bedingt erst nach dem Eintritt der rechtskräftigen Scheidung erfolgt sei.
Der Praxishinweis, Beschluss des II. Senats des BFH vom 8.11.2019 II B 57/28, Rev. AZ II R 40/19
- Zu begrüßen ist es, dass der II. Senat des BFH aufgrund der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde die Revision zugelassen hat. Er gibt damit deutlich zu erkennen, dass er zu der vorstehend dargestellten Fragestellung offenkundig etwas sagen möchte.
- Bei der Abfassung neuer Eheverträge sollten sich die Beteiligten dieser Umstände bewusst sein.
- Bei bereits abgeschlossenen Sachverhalten bleibt nur die Hoffnung auf eine positive Entscheidung des BFH.
Hauseigentümer
BFH zur Minderung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Wohn- und Gewerbeimmobilien
Beim Erwerb eines Grundstücks werden je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5% der Bemessungsgrundlage als Grunderwerbsteuer fällig.
Dies ist in der Regel der vereinbarte Kaufpreis laut Kaufvertrag. Werden hingegen Gegenstände wie beispielsweise Einbauküchen, Kamine oder Betriebsvorrichtungen mit erworben, reduziert sich die Bemessungsgrundlage entsprechend.
Zur grundsätzlichen Kürzung erging jüngst ein BFH-Beschluss am 3.6.2020 (Az II B 54/19), der sowohl auf Wohn- als auch Gewerbeimmobilien Anwendung findet:
Danach sind in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nur Leistungen einzubeziehen, die für den Erwerb des Grundstücks gewährt werden. Gegenstände (körperliche Gegenstände oder Rechte) die zusammen mit dem Grundstück gegen Entgelt erworben werden, stellen hingegen keine Leistung für den Erwerb des Grundstücks dar. Sie erfüllen nicht den Grundstücksbegriff im Sinne des § 2 GrEStG, welcher an den Grundstücksbegriff des Zivilrechts anknüpft.
Werden keine gesonderten Verträge über das Grundstück einerseits und die Gegenstände andererseits abgeschlossen oder werden im Kaufvertrag keine konkreten Einzelpreise für die Gegenstände ausgewiesen ist laut BFH nach ständiger Rechtsprechung der Gesamtkaufpreis nach dem Verhältnis zu verteilen, in dem der Wert des Grundstücks zum Wert der sonstigen Gegenstände steht (Boruttau’schen Formel). Aufgrund dieser Berechnung wird Grunderwerbsteuer lediglich auf den Teil des Kaufpreises festgesetzt, der dem anteiligen Grundstück entspricht.
Die Boruttau’sche Formel:
Gesamtpreis x Gemeiner Wert des Grundstücks
_________________________________________
Gemeiner Wert der sonstigen Gegenstände
+ Gemeiner Wert des Grundstücks
Tipp:
Es ist empfehlenswert die entsprechenden Gegenstände und deren Wert gesondert im Kaufvertrag aufzulisten. Die Finanzverwaltung lässt es aus Vereinfachungsgründen zu, den vereinbarten Wert dieser Gegenstände ohne weitere Ermittlungen als angemessen anzuerkennen, wenn 15 % der Gesamtgegenleistung, höchstens jedoch 50.000 EUR nicht überstiegen werden.
Eine spannende Entscheidung des FG Baden-Württemberg, die den Finanzbehörden gar nicht gefällt: Entschädigungen bei Schrottimmobilien führen nicht zu Einkünften
Der Kläger verweigerte nach der Gewährung eines Bankdarlehens für eine vermietete „Schrottimmobilie“ dessen weitere Bedienung (Stand der Darlehensschulden ca. 150.000 €). Er sah sich bei seinem Engagement arglistig getäuscht.
Der Rechtsstreit mit der Bank endete mit einem Vergleich, wobei die Bank 62.000 € der Darlehensforderung im Ergebnis erließ.
Die Immobilie blieb in seinem Eigentum des Klägers.
Das FG sah in dem Krediterlass keine Einkünfte aus der Immobilie und somit auch keine anteilige Erstattung überzahlter Zinsen.
Das FG hat seine eigene Entscheidung offenkundig als sehr bedeutsam beurteilt und aus diesem am 16.3.2020 eine entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht.
Es wird spannend sein, wie sich der BFH zu dieser Fragestellung im Rahmen des Revisionsverfahrens positionieren wird.
Für die Praxis bedeutet das laufende Verfahren beim BFH, dass sämtliche einschlägigen Fallgestaltungen offengehalten werden müssen.
Führt die Nutzung einer grundsätzlich zu eigenen Wohnzwecke genutzten Eigentumswohnung ggf. hinsichtlich eines Arbeitszimmers zur Annahme eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 23 EStG?
Im Streitfall war umstritten, ob bei Veräußerung eines Eigentums innerhalb der 10-Jahres-First des § 23 EStG die Steuerfreiheit auch dann gegeben sei, wenn ein untergeordneter Teil der Wohnung im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit als häusliches Arbeitszimmer genutzt wird.
Das Finanzgericht hat zahlreiche Literaturstellen und auch die 3 weitere Finanzberichtsurteile zitiert, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (wie auch zwei weitere Finanzgerichte) ist zu dem klaren Ergebnis gelangt, dass die Nutzung eines Zimmers als häusliches Arbeitszimmer der ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht entgegensteht.
Im Ergebnis hat das Finanzgericht Baden-Württemberg daher die anteilige Anwendung des § 23 EStG hinsichtlich des Arbeitszimmers abgelehnt.
Es wird spannend sein, wie sich der IX. Senat des BFH zu dieser Fragestellung positionieren wird.
In der Praxis sind sämtliche einschlägigen Fallgestaltungen – soweit sie überhaupt durch die Finanzämter aufgegriffen werden – offen zu halten.
Es ist davon auszugehen, dass die Finanzämter entsprechende Streitfälle bis zur Entscheidung durch den Bundesfinanzhof ruhen lassen werden.
Eine spannende Fragestellung, die gestaltet werden kann: Können z.B. die Veräußerungskosten einer Immobilie vorab entstandene Werbungskosten für eine andere (neue) vermietete Immobilie darstellen?
Maklerkosten für die Veräußerung eines Grundstücks
Die Rechtsfrage
Fraglich ist, ob Maklerkosten, die im Rahmen der Veräußerung eines Grundstücks entstehen, Werbungskosten bei anderen Grundstücken darstellen können, die der Einkünfteerzielung dienen. Das Finanzamt hat die Kosten der Veräußerung der nicht steuerbaren Veräußerung i.S.d. § 23 EStG zugeordnet und den Abzug daher versagt.
Die Beurteilung durch den IX. Senat des Bundesfinanzhofs
Der IX. Senat des BFH durchbricht den Vorrang des Aufwands im Zusammenhang mit dem nicht steuerbaren Veräußerungsgeschäft.
Er lässt einen Abzug der Maklerkosten bei anderen zur Einkünfteerzielung dienenden Grundstücken zu, wenn der Veräußerungserlös im Zeitpunkt der Veräußerung z.B. bereits zur Schuldentilgung der anderen Immobilien vorgesehen ist.
Nach Auffassung des IX. Senats setzt der Abzug jedoch voraus, dass sich bereits im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks „anhand von objektiven Umständen der endgültig gefasste Entschluss feststellen lässt, mit dem anhand der Veräußerung erzielten Erlös z.B. auf einem anderen Vermietungsobjekt lastende Schulden abzulösen“.
Entscheidend im Rahmen der praktischen Umsetzung dieser Entscheidung wird es daher sein, dass bereits im Zeitpunkt der Veräußerung des alten Objekts vertraglich festgelegt wird, dass der (Teil)Kaufpreis unmittelbar an die Gläubiger von Schulden, die auf den anderen Immobilien lasten, zu leisten ist.
In einer aktuellen Entscheidung zu Veräußerungskosten einer nicht vermieteten Immobilie macht der Bundesfinanzhof sehr deutlich, wie nicht gehandelt werden darf
Im aktuellen Streitfall war dem vorstehend dargestellten Urteilsfall geforderte konkrete Zusammenhang der anfallenden Kosten der zu veräußernden Immobilie mit der neuen Immobilie nicht gegeben.
Denn nach Auffassung des IX. Senats ist eine den Veräußerungszusammenhang überlagernde und verdrängende Veranlassung durch die Vermietung des Neuobjektes nicht gegeben, wenn der Veräußernde über den Veräußerungserlös frei disponieren kann, so wie es im Urteilsfall gegeben war.
Auf der Grundlage der beiden Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ist nun eine sichere Gestaltung möglich.
Eine spannende Frage bei der Beurteilung von privaten Veräßerungsgeschäften mit zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die der Bundesfinanzhof zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden hat
Im Rahmen der Überprüfung der Steuerbarkeit der Veräußerung von privaten Immobilien besteht eine Sonderregelung für zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden. Denn diese Immobilien sind u.a. dann von der Besteuerung innerhalb der 10-Jahres-Frist ausgenommen, wenn sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind.
In einem aktuell durch den Bundesfinanzhof entschiedenen Sachverhalt ging ist nun um die Beantwortung der Frage, was konkret unter der gesetzlichen Regelung „wenn sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind“ zu verstehen ist.
Der konkrete Sachverhalt lautet wie folgt:
- A hatte in 2006 eine Eigentumswohnung erworben
- Von 2006 – April 2014 hat A die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt
- Mit notariellem Vertrag vom 17.12.2014 hat er die Wohnung veräußert
- Im Zeitraum von Mai 2014 – seinem Auszug – bis zur Veräußerung im Dezember 2014 war die Wohnung an Dritte vermietet
Die Beurteilung durch den IX. Senat des Bundesfinanzhofs
Die Frage war nun, ob eine Zwischenvermietung im Jahr der Veräußerung schädlich ist. Diese Frage hat der BFH – entsprechend der bestehenden herrschenden Meinung – nun klar entschieden.
Wird eine Immobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet, ist dies für die Anwendung von § 23 (1) S. 3 EStG unschädlich,
- wenn der Stpfl. das Immobilienobjekt – zusammenhängend – im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag,
- im Vorjahr durchgehend und
- im 2. Jahr vor der Veräußerung zumindest an einem Tag zu eigenen WZ genutzt hat.
Der Praxishinweis
- Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen.
- Hierdurch wird die häufig durch die Finanzämter vorgenommene Fehlinterpretation des Gesetzeswortlauts nunmehr beendet.
- Es bleibt zu hoffen, dass sich die Finanzämter an den nun höchstrichterlich aufgestellten Regeln orientieren werden.
Kapitalgesellschaften/Kapitalanleger
Revisionsverfahren vor dem BFH zum Einfluss von disquotal ausgestalteten Beteiligungsrechten auf die Anteilsbewertung
Bei Personen- und Kapitalgesellschaften sind disquotal ausgestaltete, d.h. vom Kapitalanteil abweichende Gesellschafterrechte, ein beliebtes Gestaltungsinstrument. Gründe für diese Disquotalität sind beispielsweise steuerliche Optimierung durch Ausnutzung der Progression, Sonderleistungen eines Gesellschafters oder unterschiedliche Liquiditätsbedarfe der Gesellschafter.
Das Finanzgericht Münster hat nun mit Urteil vom 20.5.2020 (Az. 7 K 3210/17 E, Streitjahr 2007) zu einem solchen Fall und den Auswirkungen auf die Anteilsbewertung Stellung genommen:
Der Kläger hatte einer gemeinnützigen Stiftung aus seinem Privatvermögen eine Sachspende in Form von Anteilen einer Kapitalgesellschaft zugewandt. Für die Ausstellung der Zuwendungsbestätigung, die Relevanz für die Höhe des Sonderausgabenabzugs hatte, war fraglich, mit welchem Wert diese Spende anzusetzen war. Besonderheit in dem Fall war, dass zwar eine Beteiligung am Stammkapital in Höhe von 89% zugewandt wurde, diese jedoch nur mit einem Gewinnbezugs- und Stimmrecht von 1 % ausgestattet war (disquotal ausgestaltetes Beteiligungsrecht).
Der Kläger ging davon aus, dass für die Bewertung allein die Kapitalbeteiligung (89% des Gesamtunternehmenswertes) maßgeblich und demnach ein hoher Sonderausgabenabzug möglich sei. Das Finanzgericht Münster wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, dass der Wert des übertragenen Anteils allein nach dem Gewinnverteilungsschlüssel (1% des Gesamtunternehmenswertes) zu erfolgen habe. Den Abzug eines pauschalen Bewertungsabschlags schloss das Gericht wegen der besonders stark ausgeprägten Disquotalität aus.
Laut Finanzgericht seien bei der Bestimmung des gemeinen Wertes der Anteile alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Dies schließe Rechte, die dem GmbH-Anteil anhaften, und auch Verfügungsbeschränkungen, wenn Sie für alle Verfügungsberechtigte gelten, mit ein. Denn ein Käufer wird – neben den Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft – den Kaufpreis von dem mit dem Anteil verbundenen Gewinnbezugsrecht abhängig machen.
Das Finanzgericht hat die Revision beim BFH zugelassen. Die Rechtsfrage hat enorme praktische Bedeutung nicht nur für ertragssteuerliche, sondern auch für bewertungsrechtliche Zwecke, da bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, nach welchen Grundsätzen Geschäftsanteile mit disquotalen Beteiligungsrechten zu bewerten sind.
Gewerbetreibende
BFH bestätigt Einbehaltungspflicht von Bauabzugsteuer bei Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen
Auftraggeber von Bauleistungen sind unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtetet, von den Zahlungen an die ausführenden Unternehmen jeweils 15% Bauabzugssteuer einzubehalten und an das Finanzamt des Bauunternehmens abführen. Bemessungsgrundlage ist das Entgelt für die Bauleistung zuzüglich der Umsatzsteuer. Ist der Steuerabzug nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so haftet der Auftraggeber für den nicht abgeführten Betrag. Doch für welche Leistungen ist der Auftraggeber abzugsverpflichtet? Betroffen sind alle Bauleistungen, die an umsatzsteuerliche Unternehmer oder juristische Person des öffentlichen Rechts im Inland erbracht werden, sofern keine Freistellungsbescheinigung vorliegt bzw. die im Gesetz genannten Vereinfachungsgrenzen (15.000 Euro für Vermieter, 5.000 Euro alle übrigen im laufenden Kalenderjahr) überschritten werden. Bauleistungen sind gemäß § 48 Abs. 1 S. 3 EStG alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
In einem aktuellen BFH-Verfahren wurde nun die Frage geklärt, ob die Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen, d.h. von einer technischen Anlage, die Voraussetzungen eines Bauwerks im Sinne der Norm erfüllt sind und damit Bauabzugsteuer einzubehalten ist.
BFH, Urteil v. 7.11.2019 – I R 46/17
Im Urteilsfall beauftragte der Kläger eine spanische Firma, auf einem von ihm gepachteten inländischen Grundstück eine Freiland-Photovoltaikanlage zu errichten. Der Vertrag umfasste die Planung und Lieferung sowie den Aufbau der gesamten Anlage einschließlich der Solarpanele, Stützen, Streben, Schaltanlagen usw. Zu den Verpflichtungen der Auftragnehmerin gehörten auch der Bau von Schotterpisten und Gräben, Zementarbeiten, das Einrammen von Pfählen in den Boden, um daran die Module der Photovoltaikanlage zu befestigen, sowie die Einebnung und teilweise Betonierung von Flächen, um die in Betoncontainern gelieferten Trafostationen aufzustellen.
Laut BFH kann auch die Errichtung von Freiland-Photovoltaikanlagen der Bauabzugsteuer unterliegen, da die Begriffe Bauwerk und Bauleistung normspezifisch auszulegen seien. Die der Bauabzugsteuer unterliegenden Bauwerke seien nicht nur auf Gebäude und unbewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt, sondern kämen auch bei Scheinbestandteilen, Betriebsvorrichtungen und technischen Anlagen in Betracht. In Folge der normspezifischen Auslegung ist das Aufstellen einer Freiland-Photovoltaikanlage grundsätzlich als Bauleistung anzusehen.
Im Urteilsfall waren die einzelnen Solarmodule auf in die Erde eingelassenen Pfählen errichtet und mit diesen fest verbunden, weshalb der BFH die Voraussetzungen eines Bauwerks i.S.d. § 48 Abs. 1 S. 3 EStG als gegeben ansah.
Praxishinweis:
Der BFH hält eine weite Auslegung des Begriffs Bauleistung vor dem Hintergrund der Eindämmung illegaler Beschäftigung für geboten. Sofern Sie sich nicht sicher sind, ob eine Bauleistung vorliegen könnte, hilft ein Blick in Abschnitt F „Baugewerbe“ der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) oder in die Baubetriebe-Verordnung, jeweils mit einer detaillierten Aufzählung denkbarer Tätigkeiten des Baugewerbes.
Beachten Sie:
Ob die Einkünfte des Leistenden in Deutschland steuerpflichtig sind oder nicht, spielt laut BFH für die Bauabzugsteuer grundsätzlich keine Rolle. Das heißt, die Einbehaltungspflicht besteht bei inländischen wie ausländischen Leistenden gleichermaßen.
Besteht die Möglichkeit den Anscheinsbeweis der privaten PKW-Nutzung von betrieblichen Fahrzeugen zu widerlegen und damit eine Anwendung der 1 v.H.-Regelung zu vermeiden?
Fraglich war in einem Streitfall vor dem Finanzgericht Niedersachsen, welche Kriterien zur Entkräftung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung eines betrieblichen PKW durch den Kommanditisten-Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG führen. Das Finanzgericht hat hierzu erstmals klare Regeln vorgegeben, auf welche Weise eine derartige Entkräftung des Anscheinsbeweises erfolgreich gelingen könnte. Der Anscheinsbeweis ist erschüttert, wenn für die Privatfahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, deren Status und Gebrauchswert vergleichbar sind.
- Unter dem Gebrauchswert versteht das Gericht Merkmale wie Motorleistung, Ausstattung, Kofferraum, Laufleistung etc.
- Unter dem Aspekt Status versteht das Gericht vornehmlich Prestigegesichtspunkte.
Sollten dennoch diesbezügliche Unterschiede bestehen, führt dies nicht zwangsläufig zu dem Schluss, dass der Anscheinsbeweis nicht erschüttert ist. Vielmehr ist der für eine private Nutzung des betrieblichen PKW sprechende Anscheinsbeweis (nur) umso leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen. Im Einzelfall sollte daher – unter Beachtung der vorstehend genannten Kriterien – im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses festgehalten werden aufgrund welcher Kriterien davon auszugehen ist, dass eine private PKW-Nutzung ausgeschlossen ist.
Vermeiden Sie eine böse Steuerfalle, wenn Sie als Kommanditist Ihre KG mit Eigenkapital ausstatten möchten, um sich Verluste steuerlich nutzbar zu machen
Welche Grundsätze gelten, wenn ein Kommanditist seiner KG Darlehen gewährt?
- Die KG passiviert die Darlehensschuld in der Gesamthandsbilanz.
- Der Kommanditist aktiviert die Darlehensforderung in der Sonderbilanz.
- Die Darlehensschuld und die Darlehensforderung werden korrespondierend/ spiegelbildlich bilanziert.
Können Wertminderungen des Darlehens steuerlich geltend gemacht werden?
- Der Kommanditist kann keine Teilwertabschreibung auf die notleidende Darlehensforderung in seine Sonderbilanz vornehmen.
- Der Bundesfinanzhof begründet das damit, dass das Darlehen in der Gesamtbilanz der Personengesellschaft als Eigenkapital zu qualifizieren ist.
- Eine Teilwertabschreibung auf das Eigenkapital ist nicht möglich
- Der Kommanditist kann die Teilwertabschreibung auf die notleidende Darlehensforderung erst im Rahmen seines Ausscheidens aus der Personengesellschaft gewinnwirksam geltend machen.
- Durch die Entnahme (beim Ausscheiden oder einer Insolvenz der KG) wird der Verlust realisiert.
Erhöht sich durch einen Darlehensverzicht ggf. das steuerliche Kapitalkonto des Kommanditisten und somit die Möglichkeit des Verlustausgleichsvolumens nach § 15a EStG?
- Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 15a EStG findet ausschließlich für das Gesamthandsvermögen der KG Anwendung.
- Das Sonderbetriebsvermögen wird durch § 15a EStG nicht tangiert.
- Durch den Darlehensverzicht im Sonderbetriebsvermögen und die Umbuchung auf das Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthand steigt das Verlustausgleichsvolumen.
- Aufgrund des Korrespondenzprinzips gilt das auch bei einer wertlosen Forderung.
Und jetzt die bestehende Steuerfalle: Die bösartige Regelung des § 15a (1a) EStG
- Aufgrund der gesetzlichen Regelung (ein Nicht-Anwendungs-Gesetz zu einem anderslautenden BFH-Urteil) erhöhen nachträgliche Einlagen den Verlustausgleich nur im Einlagenjahr.
- Die überschießende Einlage erhöht nicht den Verlustausgleich in den Folgejahren, sie verpufft somit im Ergebnis.
Wie muss unter Beachtung dieser Regelung daher zwingend gestaltet werden?
- Der Darlehensverzicht wird in jedem Jahr ausschließlich bis zur Höhe des ansonsten verrechenbaren Verlustes ausgesprochen.
- Im Ergebnis zwingt § 15a (1a) EStG dazu, einen Teilverzicht über mehrere Jahre auszusprechen.
Gestaltungsbeispiel = positive Beurteilung
- Potenzieller verrechenbarer Verlust für die Jahre 2019 und 2020 jeweils 500.000 €
- Darlehensverzicht in 2019 500.000 €
- Darlehensverzicht in 2020 500.000 €
Fehlerhafte Gestaltung = negative Beurteilung
- Potenzieller Verrechenbarer Verlust für die Jahre 2019 und 2020 jeweils 500.000 €
- Darlehensverzicht in 2019 1.000.000 €
- Durch die überschießende Einlage in 2019 für 2020 verpufft die Wirkung.
- Der Verlust in 2020 ist nur verrechenbar.
Wie ist diese Rechtlage zu beurteilen: Wacker (Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof) äußert sich hierzu klar und deutlich (vgl. Schmidt/Wacker EStG § 15 EStG RZ 117)?
- Wacker hält die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig.
- Er rät dazu entsprechende Fälle offen zu halten und den Rechtsweg bis zum Bundesfinanzhof zu suchen.
- Sie und Ihre steuerlichen Berater können sich jedoch nicht auf den Rechtsweg verlassen. Daher sollten wir ganz klar den sicheren Weg wählen und den Darlehensverzicht immer nur in Höhe der potenziellen verrechenbaren Verluste aussprechen.
Freiberufler
Freiberufler und der Praxisverkauf zum „halben“ Steuersatz: Die Finanzbehörden folgen nun erfreulicherweise der Rechtssprechung des Finanzhofs
Der Streitfall beim Bundesfinanzhof
- Steuerberater A hatte eine Einzelpraxis.
- Er veräußert seine Praxis zu 1.7.2011 an eine Steuerberater-PartG.
- A ist bis Ende 2013 für die PartG tätig gewesen
- Zum 1.1.2014 nimmt A seine freiberufliche Tätigkeit wieder auf.
- Er berät alte Mandanten und gewinnt auch neue Mandate dazu.
- Seine jährlichen freiberuflichen Umsätze liegen unter 10 v.H. der durchschnittlichen Praxiseinnahmen in den letzten 3 Jahren vor der Praxisveräußerung in 2011.
- Das Finanzamt lehnt den halben Steuersatz (unter Verweis auf das Schreiben Bundesfinanzministeriums v. 28.7.2003, DB 2003, 2522) ab, weil A innerhalb der „Wartefrist“ von 3 Jahren nach der Veräußerung seiner Praxis neue Mandate dazu gewonnen habe.
Die Grundvoraussetzungen für die Gewährung des „halben“ Steuersatzes
Der „halbe“ Steuersatz für einen Veräußerungsgewinn wird gewährt
- ab dem 55 Lebensjahr
- einmal im Leben
Der Praxisveräußerer hat jedoch eine etwa 3-jährige Wartezeit einzuhalten, innerhalb derer an seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis nicht in der bisherigen Weise freiberuflich tätig sein darf.
Was war bereits bisher unschädlich?
- Freiberufliche Einnahmen bis 9 v.H. aus den durchschnittlichen Praxiseinnahmen in den letzten 3 Jahren.
- Mitarbeit beim Praxiserwerber als angestellter Mitarbeiter oder als freiberuflicher Mitarbeiter
- Durch diese Tätigkeit trägt er sogar dazu bei, dass die Mandanten auf den Erwerber übergehen.
- Aber Achtung bei einer freiberuflichen Tätigkeit: Hier droht ein Sozialversicherungspflicht durch Scheinselbständigkeit.
Was sind die neuen Aussagen des BFH-Beschlusses, dem die Finanzbehörden nun erfreulicherweise folgen
- Die Wartefrist von 3 Jahren ist keine starre Grenze; in Einzelfall kann ein Zeitraum von 2 -3 Jahren genügen.
- Neue Mandanten schaden (entgegen den bisherigen Aussagen des BMF) nicht, wenn die Praxiseinnahmen innerhalb der Wartefrist die Geringfügigkeitsgrenze mit 10 v.H. nicht erreichen.
Was sind die Empfehlung für die Praxis?
- Die Wartefrist sollte aus Sicherheitsgründen immer mit 3 Jahren beachtet werden.
- Zudem ist darauf zu achten, dass die 10 v.H. Umsatzgrenze eingehalten wird.
- Soweit diese Regeln beachtet werden, dürfte es jetzt nicht mehr zu Diskussionen mit den Finanzbehörden kommen.
Arbeitgeber
Anpassung der amtlichen Sachbezugswerte ab 2021
Für Sachbezüge, die seit 2007 von der Sozialversicherungsentgeltverordnung (kurz: SvEV) erfasst werden, sind die sozialversicherungsrechtlich festgelegten amtlichen Sachbezugswerte auch (lohn-)steuerrechtlich zwingend anzusetzen und damit für die Bewertung von geldwerten Vorteilen bindend. Durch die SvEV werden amtliche Sachbezugswerte für Unterkunft und Verpflegung festgelegt. Zum 1. Januar 2021 soll eine wertmäßige Anpassung der bislang festgelegten amtlichen Sachbezugswerte erfolgen. Folgende amtliche Sachbezugswerte 2021 sind vorgesehen:
Amtliche Sachbezugswerte in EUR | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 |
Für freie Verpflegung – monatlich | 263,00 | 258,00 | 251,00 | 246,00 |
Für freie Unterkunft – monatlich | 237,00 | 235,00 | 231,00 | 226,00 |
Gesamtsachbezugswert | 500,00 | 493,00 | 482,00 | 472,00 |
Abgeleitet aus den monatlichen amtlichen Sachbezugswerten ergeben sich einheitlich für alle Arbeitnehmer in allen Bundesländern (und somit auch bei Jugendlichen unter 18 Jahren und Auszubildenden) folgende tägliche amtliche Sachbezugswerte für die jeweiligen Mahlzeiten:
Art der Mahlzeit | Monatlicher Wert 2021 (2020) | Kalendertäglicher Wert 2021 (2020) |
Frühstück | 55 € (2020: 54 €) | 1,83 € (2020: 1,80 €) |
Mittag- bzw. Abendessen (jeweils) | 104 € (2020: 102 €) | 3,47 € (2020: 3,40 €) |
Praxishinweis
Der Entwurf zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung muss noch vom Bundeskabinett beschlossen werden. Sodann bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates. Hiervon ist traditionell auszugehen.
Behördlich angeordnete Quarantäne und Beitragszuschuss nach § 257 SGB V
In Fällen einer behördlich angeordneten Quarantäne stellte sich die Frage, wie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge freiwillig versicherter Arbeitnehmer lohnsteuerrechtlich zu behandeln sind.
Zum Hintergrund: Der Arbeitgeber zahlt auch während der Nichtbeschäftigungszeit solche Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung an die von der Quarantäne betroffenen Mitarbeiter weiterhin aus, obwohl hierfür keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Gleichzeitig lässt sich der Arbeitgeber den gegenüber der Entschädigungsbehörde bestehenden Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers abtreten.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird dieser Sachverhalt wie folgt lohnsteuerlich beurteilt: Es handelt sich nicht um einen lohnsteuerlich relevanten Vorgang. Dem Arbeitnehmer fließt durch die Auszahlung der anteiligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge kein Arbeitslohn zu. Da es sich auch um keine Beitragszuschüsse i.S.d. § 257 Abs. 1 Satz 1 SGB V sowie § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XI handelt, hat der Arbeitgeber diese übernommenen Beträge nicht in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung einzutragen. Die Entschädigungsbehörde muss ihrerseits die steuerfreien Zuschüsse an die Finanzbehörde melden.
Arbeitnehmer
Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer: Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jahresabschlusses
Eine verspätete Feststellung des Jahresabschlusses nach § 42a Abs. 2 GmbHG führt auch im Falle eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht per se zu einer Vorverlegung des Zuflusses einer Tantieme auf den Zeitpunkt, zu dem die Fälligkeit bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre.
Denn ein noch nichtexistierender Jahresabschluss kann keine Grundlage für etwaige Ansprüche eines Gesellschafters gegen die GmbH sein. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der beherrschende Gesellschafter durch Nichtbeachtung der gesetzlichen Pflicht zur rechtzeitigen Feststellung des Jahresabschlusses zielgerichtet die Fälligkeit eines ihm zustehenden Tantiemeanspruchs und damit den Zeitpunkt der Versteuerung der Tantieme herauszögert.
Sonstiges
Fälligkeitstermine für Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung von Oktober bis Dezember 2020
Steuertermin Umsatzsteuer bei Monatszahlern: 12.10.2020, 10.11.2020 und 10.12.2020
Steuertermin Lohnsteuer bei Monatszahlern: 12.10.2020, 10.11.2020 und 10.12.2020
Steuertermin Gewerbesteuer IV. 2020 bei Monatszahlern: 16.11.2020
Steuertermin Einkommenssteuer-VZ IV. 2020: 10.12.2020
Steuertermin Körperschaftsteuer-VZ IV. 2020: 10.12.2020
Bei Scheckeinzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens 3 Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Oktober 2020 somit am 28.10.2020, für den Beitragsmonat November 2020 somit am 26.11.2020 und für den Beitragsmonat Dezember 2020 somit am 28.12.2020.
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